ÜBERS WALDBADEN
Was ist denn bitte dieses Waldbaden?
Ursprung und Historie
Waldbaden wurde bereits vor über 100 Jahren in Korea geboren.
Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts hatte das „Korea Forest Research Institut“ die Heilwirkung
des Waldes auf den Menschen untersucht. Der Begriff Shinrin Yoku wurde im weiteren Verlauf federführend von Dr. Qing Li im Jahre 1982 geprägt.
In diesem Jahr fand auch das erste offizielle Waldbaden in Japan statt.
Das gerade Japan das Waldbaden erfunden hat, liegt auf der Hand: Japan ist das Land
auf der Erde, mit dem höchsten Waldanteil. Ganze 70 % des Landes sind mit Wald bedeckt.
Zusätzlich sehen sich die Japaner anders als viele westliche Kulturen und Religionen nicht
als der Natur überstehend, sondern als gleichberechtigt. Der Wald und die Bäume haben
einen heiligen Charakter, was auch erklärt, wieso in Japan kaum Bäume gefällt werden.
In Japan gibt es nicht nur 70 anerkannte Heilwälder sondern hier kann der Hausarzt „Shinrin Yoku“
sogar per Kranken-Überweisungsschein als anerkanntes Therapie Verfahren verschrieben
werden.Über Amerika („Forest Theraphy“) gelangte Shinrin Yoku in den letzten Jahren auch
vermehrt nach Europa und Deutschland. Erwähnenswert ist, dass Sebastian Kneipp Mitte
des 20 Jahrhunderts durchaus Einfluss auf die Entwicklung des Shinrin Yoku hatte.
Definition Waldbaden
Yoshifumi Miyazaki definiert Waldbaden in seinem Buch „Shinrin Yoku- Heilsames Waldbaden“ wie folgt:
„Waldbaden ist die japanische Therapie für innere Ruhe, erholsamen Schlaf und ein starkes Immunsystem“.
Aus diversen Vorlagen habe ich folgende eigene Definition erstellt:
„Waldbaden ist als Bad in der Atmosphäre des Waldes zu verstehen,
bei dem wir zur Ruhe kommen, uns treiben lassen und die Natur bewusst wahrnehmen, um wieder Kraft für den Alltag zu finden“.
Der Begriff "Shinrin Yoku" = Waldbaden
Missverständnisse ausräumen :
Der Begriff „ShinrinYoku“ kommt aus dem Japanischen und sorgt in seiner Übersetzung ins Deutsche leider immer wieder für Missverständnisse.
„Yoku" heißt übersetzt tatsächlich „Baden“. Hierdurch denken viele Menschen, dass man wörtlich genommen im Wald badet. Einige Waldbaden Kursleiter verstärken leider dieses Bild indem sie sich als Bademeister oder vor einer Badewanne im Wald präsentieren.
Um Waldbaden im richtigem Kontext zu verstehen muss man wissen, dass Baden im japanischem auch „heilen“ meint. Somit ist mit Baden nicht die Körperreinigung gemeint, sondern vielmehr eine Methode der Gesunderhaltung. Spannenderweise betiteln Japaner ihre Museumsbesuche auch mit dem Begriff des „Kunstbadens“. Während Waldbaden das „Bad in der Atmosphäre des Waldes“ meint, ist das „Kunstbad“ in Japan das Bad in der Atmosphäre des Bildes und des Künstlers. Es ist gewöhnlich, dass der Japaner durchaus Stundenland mit einer Tasse Tee genüsslich im Kunstwerk „badet“.
Der Wald aus Sicht der Evolution
Wenn wir uns die Entwicklung des Homo Sapiens vor Augen führen, stellen wir fest: wir Menschen haben über Millionen von Jahren das Leben mit und in der Urmutter Natur verbracht.
Die heute dominierende Verstädterung und Urbanisierung hat erst vor ca. 100 Jahren begonnen. Wir Menschen haben 99,9 % unserer (Vor-) Zeit in der Natur gelebt.
Unsere körperlichen Funktionen sind damit von jeher auf an die Natur angepasst.
Der Wald ist für uns Menschen aus der Evolution heraus positiv besetzt: er bot stets Schutz und Sicherheit, lieferte des Menschen Nahrung als auch wertvolle Rohstoffe. Auf Basis dieser Hintergründe lässt sich erschließen, warum das Stammhirn uns beim Waldaufenthalt signalisiert:
„Hier bin ich sicher, hier habe ich meine Ruhe“.
Wenn wir uns das heutige Leben anschauen, dann stellt dieses genau das Gegenteil vom Wald dar:
es ist geprägt von Unsicherheiten und permanenter Unruhe.
Die Digitalisierung sowie Urbanisierung tragen massiv zu einer Entfremdung von der Natur bei.
Während wir Menschen früher noch viel mehr Zeit in der Natur verbracht haben ist seit einigen Jahren eine Wertverschiebung zu Indoor Aktivitäten (Netflix, Gaming, Home Office etc.) zu verzeichnen.
Die Entfremdung von Urmutter Natur auf der einen Seite und die Aneignung und Anpassung an die digitale, schnelllebige Welt auf der anderen Seite sind einer der Gründe, warum heute immer mehr Menschen ins Ungleichgewicht geraten und an Burn Out, Erschöpfung, Depression oder Isolation erkranken.
Genau an dieser Stelle findet Waldbaden seinen Platz und Berechtigung: indem wir uns bewusst zurück zu den Wurzeln der Urmutter Natur bewegen, finden wir die nötige Balance, Entschleunigung, Ruhe und Kraft, um die Herausforderungen des Alltags in der modernen zu bewältigen.
Der Biophilia Effekt
Der schwedische Gesundheitsforscher Prof. Dr. Roger Ulrich lieferte bereits 1984 den bis heute aufsehenerregenden, ersten weltweit anerkannten Beweis, dass allein schon der Anblick von Bäumen zu besseren Gesundungsverläufen führt. Seine in Krankenhäusern durchgeführte Studie belegte: Die Patienten der "Baumgruppe" wurden schneller gesund, sie hatten weniger postoperative Komplikationen, eine bessere Wundheilung, benötigten weniger sowie schwächere Schmerzmittel und litten seltener unter Depressionen.
Zimmerpflanzen, Naturbilder oder der Ausblick ins Grüne beschleunigten den Heilungsprozess von Krankenhaus Patienten um 30 % (gegenüber der Kontrollgruppe).
Diese Studie wurde in ähnlichen Fallgestaltungen immer wieder bestätigt – zum Beispiel in Gefängnissen, in denen Insassen der „Baumgruppe“ schneller resozialisiert und entlassen werden konnten.
Die körperlichen sowie psychologischen Heilwirkungen des Waldes wurden unter dem Begriff „Biophilia Effekt“ zusammengefasst.